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Die Sprache des Sigmar Gabriel

Tipp von Redaktion
Sigmar Gabriel hat derzeit das Amt des Außenministers der Bundesrepublik Deutschland inne. Diese Position begleitet er seit Januar 2017, also seit knapp sieben Monaten. Er war von 2005 bis 2009 Bundesumweltminister und von 2013 bis 2017 Bundesminister für Wirtschaft und Energie im Kabinett Merkel III. Wiederkehrende Themen waren dabei die Energiewende, Rüstungsexport, sowie in jüngster Vergangenheit die Verhandlungen um TTIP und CETA.

Nun sind vor allem die Deutsch-Türkischen Beziehungen in den Fokus seiner Arbeit gerückt.

Seit dem Wechsel in die Position des Bundesaußenministers bescheinigen einschlägige Umfrage-Institute Gabriel einen hohen Beliebtheitsgrad, höher noch als der des Kanzlerkandidaten Martin Schulz.

Besonders im rechten Spektrum war Gabriel aber immer ein Feindbild. Ihm wurde falsche Betroffenheit attestiert und Inhaltsleere vorgeworfen. Besonders im Gedächtnis blieb seine Aussage zu "dem Pack" in Heidenau. Es ist bezeichnend, dass der Bekanntheitsgrad dieser Aussage wohl größer ist als die meisten seine politischen Arbeiten.

Anhand von drei Rede-Beispielen soll ergründet werden, wie sich Sigmar Gabriel in Ausdruck, Wortwahl, Körpersprache und Themensetzung präsentiert und was sich seit Januar geändert hat. Zur besseren Vergleichbarkeit beschränken wir uns auf das Thema "Türkei", zu dem es in den letzten Monaten besonders viele Aussagen des Ministers gegeben hat.

1. Pressekonferenz zum Treffen von Sigmar Gabriel und Mevlüt Cavusoglu am 08.03.2017

Besonders der Anfang der Rede ist bemerkenswert. In den ersten zwei Minuten spricht Garbiel beinahe völlig frei und ohne Blick auf seine Notizen. Er beteuert hier die Wichtigkeit von Gesprächen mit der Türkei und die historisch gewachsene Zusammenarbeit beider Länder.

Als es dann um konkrete Inhalte des Treffens mit seinem türkischen Amtskollegen geht, gerät der Minister mehrmals ins Stocken und schaut deutlich öfter in sein Skript. Im Gegensatz zu anderen Politikern wirkt die Rede dennoch frei.

Hier zeigt sich dennoch, warum Sigmar Gabriel häufig vorgeworfen wird, er würde stets unkonkret bleiben und inhaltsleer sprechen. Er ist in der Lage, allgemeine Sachverhalte fehlerfrei und flüssig vorzutragen, bleibt aber genauso allgemein, wenn es um ein kürzlich zurückliegendes Treffen mit konkreten Inhalten geht.

Zwei Beispiele hierzu:

Gabriel spricht mehrmals von "...meinem Türkischen Kollegen...". Seinen Namen nennt er nie. Besonders interessant ist dies unter dem Gesichtspunkt, dass er in der Vergangenheit innerhalb der großen Koalition mehrmals andere Politiker direkt kritisiert hat, wie zum Beispiel Frau Merkel in diesem Statement.

Bezogen auf die Vergleiche der aktuellen Bundesregierung mit den Nationalsozialisten seitens Erdogan, spricht Gabriel von "...Vorwürfe(n) wie sie in den letzen Tagen zu hören waren...". Ein solches Zitat von Erdogan diente als wichtiger Gegenstand der Debatte, wurde vom Außenminister aber nicht genannt, sondern lediglich verurteilt.

2. Pressekonferenz von Sigmar Gabriel zum EU-Außenminister-Treffen in Luxemburg am 03.04.2017

Nur einen Monat später ergab sich ein anderes Bild. Wieder traf sich Gabriel mit seinem "türkischen Kollegen", der noch immer keinen Namen bekommen hat. Seine Stirn liegt in Falten und der Blick schweift unruhig durch den Raum, während er seine Bemühungen im Fall des inhaftierten Jounrnalisten Deniz Yücel bekundet. Das Statement geht zwar nur eineinhalb Minuten und dennoch wird es hier besonders konkret.

Der Fall Yücel hat im Jahr 2017 besondere Mediale Aufmerksamkeit erhalten und daher ist es nicht verwunderlich, dass der Außenminister diesen Sachverhalt stark in den Fokus rückt.

Mit einem betroffenen Blick verkündet er, "...dass nach unserer festen Überzeugung die Haft für Herrn Yücel unangemessen ist...". Eine sehr direkte Kritik, wie sie in anderen Fragen selten zu hören war. Viele Deutsche nahmen und nehmen jedenfalls Gabriels Bemühungen in diesem Fall dankend zur Kenntnis.

3. Pressekonferenz zur Lage in der Türkei in Berlin am 20.07.2017

Wenige Tage vor dieser Pressekonferenz gab es in der Türkei erneut Festnahmen deutscher Staatsbürger. Seine Kritik an der türkischen Staatsregierung formuliert der Minister im ersten Teil der Rede daher eindeutig und hart. Er spricht von "Unrecht" und "Unverhältnismäßigkeiten".

Gegen Ende der Rege geht er auf mögliche Sanktionen gegen die Türkei ein. Natürlich droht er dem Staat nicht direkt wie es beispielsweise Donald Trump tut. Trotzdem wird seine Stimme fester und seine Wortwahl endgültiger.

Seine Forderungen knüpft er erneut an bestimmte Namen. Yücel und andere inhaftierte Deutsche sollen freigelassen werden. Dieser neue Umgang mit Namen ist symptomatisch für die Entwicklung Gabriels.

Fazit

Es sind Nuancen, die sich in Sigmar Gabriels öffentlichen Auftreten seit dem Wechsel ins Amt des Außenministers geändert haben. Es sind aber die entscheidenden Punkte. Gabriel kann in den schwierigen Beziehungen mit der Türkei seine Betroffenheit gut geltend machen. Da in der Bevölkerung eine relativ eindeutige Meinung über die türkische Regierung und Erdogan vorherrscht, kann er sich trauen, in einigen Punkten bestimmter aufzutreten und Kritik direkter zu formulieren, weil er weiß, dass die Deutschen hinter ihm stehen. Durch die angespannte Lage wird es ihm leicht gemacht seine Sprache anzupassen und Kritik so vorzubeugen.

Gabriel hat sich nicht das Ansehen des Amtes verändert, sondern das Amt hat ihn sichtbar geprägt. Sein neuer Ausdruck ist lediglich ein Symptom hierfür.

Quellen:

Rede 1: https://www.youtube.com/watch?v=Aep3Tv1ga_c
Rede 2: https://www.youtube.com/watch?v=vbvwcVXX44Y
Rede 3: https://www.youtube.com/watch?v=NSKltRX-mW4



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