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Die Sprache des Wolfgang Schäuble

Tipp von Redaktion
Im Internet kann man bis heute T-Shirts mit Schäuble-Aussprüchen bestellen: "There will be no Staatsbankrott" kostet 19,99 Euro. Angeboten wird auch "Isch over".

Weil Sprache auch das wichtigste Handwerkszeug des erfahrenen Politikers Wolfgang Schäuble ist, sollen hier seine Mundartformulierungen und das mangelhafte Englisch durchaus erwähnt werden. Allerdings stehen diese vermeidlichen Schwächen gerade bei Schäuble für eine sympathische Bodenständigkeit. Seine Beliebtheitswerte sind hoch und seine von Fakten gespickten Aussagen betreffen jeden Deutschen ganz direkt.

Sprache des Wolfgang Schäuble

Dr. Wolfgang Schäuble wurde im Jahr 2009 Bundesfinanzminister. Die Welt befand sich mitten in der Finanzkrise und nicht wenige staunten, dass dieser ältere, aufgrund seiner Sprache oft mürrisch erscheinende Mann gerade diesen wichtigen Posten bekleiden sollte.

Heute ist Schäuble auf weiten Feldern der beste Minister. Bezeichnend ist seine Wahl als hervorragenden Redner im Politikgeschäft, zu dem ihn 200 befragte Manager der deutschen Wirtschaft kürten. Dabei wurde er in erster Linie als hervorragender Gesprächspartner gelobt. Andererseits gilt Dr. Schäuble als eher anstrengender Redner. Seine Episteln sind nicht selten gedankenschwer - und in seinen Reden verfolgt Schäuble oft das Motto: Du kannst mir zuhören - Du kannst es auch bleiben lassen.

Vor seinem Publikum erlebt man zuweilen aber auch den bellenden Offensivtheoretiker Schäuble, der sogar ein wenig unterhaltsam sein kann. Dies ist allerdings eine besondere Seltenheit, den Schäuble wird zur Redekunst ein annäherndes Verhältnis wie Kometen zur Erde bescheinigt: Manchmal nähert er sich ihr an, aber meist ist er ganz weit weg im stillen, kalten Raum. Dafür gibt es zahlreiche Beweise: Seine Affinität zur dritten Stelle hinter dem Komma, "Ähs" im Edmund-Stoiber-Takt und andere rhetorische Unarten.

Präzise denken kann Schäuble hingegen mehr als andere politische Protagonisten - und es gelingt ihm auch, das unter Beweis zu stellen. Allerdings gibt es Schwierigkeiten.

Hör doch, was Du willst!

Sprachwissenschaftler zweifeln den Stellenwert von Sprache und Rhetorik in der deutschen Politik an. Diese Aussage erscheint teilweise berechtigt. Auch Wolfgang Schäuble hat erkannt, dass das alte Gerhard-Schröder-Motto "Bild, Bams und Glotze" überholt ist, weil sich viele Menschen inzwischen ihre ganz eigenen "Leitmedien" gesucht haben, über die sie meist nur das hören, was sie auch hören wollen.

Damit schrumpft der alte, kollektive Brauch, Wissen über politische Reden zu haben, auf Stammtischgröße.

So ist auch Wolfgang Schäuble mit dem Algorithmus in den weltweiten sozialen Medien konfrontiert, dem sich viele User allgemein gedankenlos unterordnen.

Es wird auch ihm schwerer, mit einer Botschaft durchzudringen. Gottseidank verwaltet der Mann Deutschlands Finanzen, die schwarze Null und momentan beeindruckende Einnahmeüberschüsse. So was macht hellhörig.

Präzision bitte!

Und so hört man Wolfgang Schäuble im Gegensatz zu manch anderen seiner Kollegen zu, deren Bilanzen zweifelhafter ausfallen. Denn die Sprache allein bestimmt nicht die Wirkung von Politik. Letztendlich ergibt sich nämlich auch die Frage nach der Wahrhaftigkeit, nach den Folgen und nach der Bilanz des Politikers:

Konnte er denn halten, was er versprach?

Es nützt dem deutschen Finanzminister durchaus, dass spektakuläre Begriffe und starke Sätze in Deutschland weniger gut funktionieren. Stattdessen ist Präzision gefragt: Die Deutschen haben ein besonders großes Bedürfnis nach Klarheit.

Bestes Beispiel ist der allbekannte Satz "Wir schaffen das." Hinter dieser kurzen Aussage fehlt die Konkretisierung - und damit wurde sie geradezu zur Steilvorlage für Kritiker.

Das passiert Schäuble nicht. Denn er hat das besondere Verhältnis zur dritten Stelle nach dem Komma. Floskeln und Phrasenhaftigkeit sind ihm fremd.

Deshalb ist es für Schäuble leichter, gehört zu werden - egal, ob über Fernsehen, Twitter oder einen der vielen anderen verfügbaren Kanäle. Denn ist eine Botschaft gut, funktioniert sie auch überall.

Die Marke Schäuble

In der umfangreichen politischen Arbeit Wolfgang Schäubles ist seine alljährliche Rede zum anstehenden Bundeshaushalt herausragend. Im konkreten Wechselspiel zwischen ihm und seinen fachlich kompetenten Mitarbeitern entsteht eine aussagekräftige Rede mit grundlegenden Botschaften und Inhalten. Dabei stellt Schäuble unter Beweis, dass er und sein Team die hohe Kunst der Kommunikation so beherrschen, dass anspruchsvolle Inhalte durchaus von einer breiteren Zielgruppe verstanden werden können. Denn Schäuble ist längst zur eigenen Marke geworden - und so ist es ihm leicht möglich, den einengenden Rahmen seines Amts durchaus auszuweiten.

Beispiel Haushaltsrede zum Regierungsentwurf 2017:
Schäuble kennt die paradoxe Situation im Land mit guten Wirtschaftsdaten auf der einen und einer Politikverdrossenheit vieler Menschen auf der anderen Seite. Deshalb charakterisiert er zu Beginn seiner Ausführungen die Lage effizient. Dabei lösen Fakten und wohldosierte Emotionen einander ab - erst dann folgt die eigentliche Haushaltsrede. Seine Sprache ist deutlich, klar, schonungslos und letztendlich zuversichtlich.

So vermittelt Wolfgang Schäuble die Botschaft, dass trotz Wandel Sicherheit und Stabilität in Deutschland erhalten werden können.

Schäuble liefert immer Begründungen, die seine Aussagen plausibel machen. "Stay on your message!" ist ihm wichtig - allerdings ohne überflüssiges Pathos.

In einem Gespräch sagte Schäuble einmal: "Wer stillsteht, tritt niemandem auf die Füße."

Stillstand war seine Sache nie. Das unterscheidet ihn deutlich von so manchem politischen Wortakrobaten, dessen sprachliche Äußerungen nicht mehr als bewusste Attacken sind - oder einfach nur "Luftbuchungen", um im Fachjargon zu bleiben.



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