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Felsblock

- Gedicht von Friedrich Theodor Vischer

Felsblock

(bei Wasen an der Gotthardstraße).

Aus des Felsblocks rauhen Spalten
Tönt ein Aechzen, tönt ein Knurren;
»Das zu bieten einem Alten!«
Hör` ich eine Stimme murren.

»Soll der Sohn so hoher Ahnen,
Zeuge von der Urwelt Tagen,
Soll der Sprosse der Titanen
Einen Grundbirnacker tragen?

Wild und frei emporgehoben
An des Hochgebirges Wangen
Bin ich einst – schaut hin, dort oben!
Stolzes Riesenkind gehangen.

O die Zeit, da um beeiste
Zacken noch der Sturmwind sauste,
Um mein Haupt der Adler kreiste,
Meinen Fuß ein Meer umbrauste!

Hätt` ich, als herabgewettert
Nieder in das Thal ich krachte,
Deine Hütten gleich zerschmettert,
Menschenvolk, bei dem ich schmachte!

Lieber Staub und Splitter werden,
Träg` als Lehm am Boden liegen,
Als so schmählichen Beschwerden
Länger mich als Dienstmann fügen!«

Und so hebt er an, zu drücken,
Ihn durchzuckt ein Krampf, ein Schüttern,
Daß auf seinem breiten Rücken
Die Kartoffelblüten zittern.

Laß das Klagen, laß das Knacken,
Das wird Alles nichts mehr nützen,
Laß geruhig dir im Nacken
Den bescheid`nen Acker sitzen!

Denke nur: auch die Kartoffel
Ist ein Kind der Erdenmutter
Und – erlaub` mir, alter Stoffel –
Schmackhaft namentlich mit Butter.

Mußt dich gar so sehr nicht schämen,
Mußt dich, dicker Trotzkopf, eben
Auch dem Praktischen bequemen,
Das ist Losung jetzt im Leben.

Siehst du, so wird jener, dieser
Wildfang im gesetztern Alter
Noch ein brauchbarer Acciser
Oder Kameralverwalter.


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