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EIN BEGRÄBNIS

- Gedicht von Hugo Zuckermann

EIN BEGRÄBNIS

(Dem Andenken Otto Neumanns gewidmet)

Die Schulter bog sich krumm.
Schwer drückte uns die Last
Der harten Totenbahre;
Sie beugte mich zu Boden fast.
Damit die Erd` den nackten Leib bewahre,
Kam kalt und stumm
Ein bleicher Gast.

Der Weg war glatt und hartgefroren
Und knirschte unter unseren Tritten,
Der Schnee strich wehend
Durchs Gräberfeld, das wir durchschritten,
Das schwarze Bahrtuch blähend.
Aus grauen Wolkentoren
Kam jäh der Sturm geritten.

Zehn schwarze Rachen gähnten uns entgegen,
Zehn schwarze Tore in das Reich der Nacht,
Die hungrig lauerten auf Beute.
Wir senkten tief ihn in den dunklen Schacht.
Und einer sprach: »Du warst wie das befreite,
Das starke Volk, das stolz dem Morgensegen
Des neuen Tags entgegenlacht.«

Und jeder nach des Volkes altem Brauch
Warf in das offne Grab drei Erdenschollen,
Die polternd fielen auf den Brettersarg.
Und als der feine Sand im Niederrollen
Den toten Freund vor unseren Blicken barg,
Da standen fröstelnd wir im Morgenhauch
Und starrten schweigend in den finstern Stollen.

Drei Hände voll Erde warf ich hinab —
Dann fiel Schnee auf ein frisches Grab.


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