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Mainacht am Rhein.

- Gedicht von Georg Bötticher

Mainacht am Rhein.

(Den Stalaktiten gewidmet.)

Eine Laube am Rhein.
Und ich träume beim Wein,
In der wonnigsten Maiennacht einsam.
Von des Fliederbaums Duft
Weht berauschend die Luft
Und die Nachtigalln schmettern gemeinsam.

Wie die Sehnsucht mit Macht
Nach der Heimat erwacht!
Und ich denke der Freunde im Osten,
Die heut auch, wie ich weiß,
Im gemütlichen Kreis
All die Wonnen der Mainacht verkosten.

Wie ich aus es mir mal,
Das vertraute Lokal,
Wo sie tagen, die Herrn »Stalaktiten« . . .
Just vom Dom schlägt es Zehn –
Und ich mein sie zu sehn,
Wie sie kommend den Gruß sich entbieten.

Schnell den Becher zur Hand!
Und nach Osten gewandt,
Sprech ich feierlich-ernsthafterweise:
»Laß ein Gott dir gedeihn
Deinen köstlichen Wein,
O du arglose Schar an der Pleiße!«

»Jenes Sprit-Vomitiv,
Das so greulich-naiv
Sie dort ›Mosel- und Rheinwein‹ benennen –
Mögst du nie eine Spur
Seiner wahren Natur
Unter Trauern und Schauern erkennen!«

»Nein, dir ewig versteckt
Bleib, was weislich bedeckt
Die entzückende Pracht-Etikette!
Und es schmeichle den Gaum
Eines jeden der Traum,
Daß vom edelsten Tropfen er hätte!«

Wie ich`s feierlich sprach,
War der Mond allgemach
Hell herauf an den Himmel gezogen . . .
Und mir deucht es beim Wein
Als sah lächelnd er drein
Und als kicherten leise die Wogen.


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