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Der Eifersüchtige

- Gedicht von Anton Wildgans

Der Eifersüchtige

(Eine ironische Ballade)

Ihre Schritte zu belauern,
Folgte er ihr aus dem Haus.
Enge an den Häusermauern
Schlich er hin und spähte aus,
Und er sah sie im Gewühle
Abendlicher Straßen gehn:
Ganz Versunkenheit und Kühle -
Doch sein Herz, wie eine Mühle,
Ging bald rasch, bald blieb es stehn.

Kaum daß ihn die Füße trugen,
So verwichen war das Blut!
Müde ward er nicht, zu lugen
Immerfort nach ihrem Hut,
Dessen rote Flügel schwebten
Ob der vielen Köpfe hin.
Und ihm war, als bohrten, strebten
Alle Blicke der belebten
Straße schadenfroh in ihn.

Und schon bog sie um die Ecke,
Und sein Schritt ward Flug -
Ha! Nun ging sie zum Verstecke,
Zum Verrate, zum Betrug!
Noch belebte sein Ermatten,
Daß er sie vom neuen sah!
Doch da schwand sie wie ein Schatten
Plötzlich aus dem Blick des Gatten
In ein Haustor. - Sie war da!

Er ihr nach! - Zwei Stiegen gingen
Links und rechts empor vom Flur.
Niemand! - Nur drei Tafeln hingen:
Schneider - Anwalt - Agentur.
Treppe auf und Treppe nieder!
Viele Türen, stumm und zu -
Rätsel! Wie geschloss`ne Lider.
Fremde Namen. Hin und wider
Ein Geräusch. - Dann Grabesruh.

Wieder auf der Straße. - Viele
Fenster bis hinauf zum Dach!
Dunkle - helle: ein Geschiele,
Ein Geblinzel hundertfach.
Stors, getränkt von mattem Flimmer -
Lampendämmer rot wie Wein -
Heimliche, verliebte Schimmer -
Viele Fenster! Viele Zimmer! -
Und in jedem kann es sein!!

Viertelstunde war vergangen:
Ewigkeit an Grimm und Gram!
Als sie gänzlich unbefangen
Wieder aus dem Tore kam.
Lächelnd, wie wenn nichts geschehen,
Trat sie auf ihn zu und bot
Ihm die Hand zum Wiedersehen -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - Er ward rot.


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