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DAS LÄMMLEIN

- Gedicht von Hugo Zuckermann

DAS LÄMMLEIN

(Eine uralte Geschichte für unsere Kleinsten)

Ein Lämmlein zart und silberweiß,
Der Vater bracht`s vom Markte heim —
Zwei Groschen galt sein Preis.
Ein Lämmelein, ein Lämmelein.

Und wie es auf der Wiese sprang
Vergnüglich über Stock und Stein,
Da kam die Katze und verschlang
Das Lämmelein, das Lämmelein.

Der Hofhund schlief am Futterplatz,
Da weckte ihn des Lämmleins Schrei`n;
Wild sprang er auf und biß die Katz` —
Ein Lämmelein, ein Lämmelein.

Im Winkel lehnt ein Knüppel dick,
Der wackelt längst auf seinem Bein;
Er fiel dem Hofhund aufs Genick —
Ein Lämmelein, ein Lämmelein.

Ein Funke sprang vom Küchenherd;
Zum Himmel schlug des Feuers Schein.
Das hat den Knüppel aufgezehrt. —
Ein Lämmelein, ein Lämmelein.

Am Hof zum Glück ein Brunnen stand,
Drin floß ein Wasser klar und rein;
Das löschte bald den Feuerbrand. —
Ein Lämmelein, ein Lämmelein.

Doch da das Wasser überquoll,
Kam just ein Ochs zum Hof hinein.
Der schlappte sich den Magen voll. —
Ein Lämmelein, ein Lämmelein.

So ward der Ochse feist und rund;
Der Schlächter schliff den Stahl am Stein
Und schnitt dem Ochsen durch den Schlund.
Ein Lämmelein, ein Lämmelein.

Als hingestreckt der Ochse war,
Da kam der Tod, das Klapperbein,
Und warf den Schlächter auf die Bahr`. —
Ein Lämmelein, ein Lämmelein.

So folgt der Tod des Würgers Spur
Und muß des Rächers Rächer sein.
Der Schlächter in die Grube fuhr,
Als von des Ochsen Blut er troff,
Des Ochsen, der das Wasser soff,
Das Wasser, das das Feuer zwang,
Das Feuer, das den Stock verschlang,
Den Knüppel, der den Hund erschlug,
Als er im Maul die Katze trug,
Die Katz`, die`s Lämmlein tot gemacht,
Das uns der Vater heimgebracht; — —
Zwei Groschen galt sein Preis —
Das Lämmlein zart und silberweiß,
Das Lämmelein, das Lämmelein.


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