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Das Trinklied

- Gedicht von Richard Dehmel

Das Trinklied

    Noch eine Stunde, dann ist Nacht;
    trinkt, bis die Seele überläuft,
    Wein her, trinkt!
    Seht doch, wie rot die Sonne lacht,
    die dort in ihrem Blut ersäuft;
    Glas hoch, singt!
Singt mir das Lied vom Tode und vom Leben,
dagloni gleia glühlala!
Klingklang, seht: schon knicken die Reben,
aber sie haben uns Trauben gegeben!
Hei! -

    Noch eine Stunde, dann ist Nacht;
    im blassen Strome ruckt und blinzt
    ein Geglüh.
    Der rote Mond ist aufgewacht,
    da kuckt er übern Berg und grinst:
    Sonne, hüh!
Singt mir das Lied vom Tode und vom Leben,
Mund auf, lacht! das ist zwar sündlich,
klingklang, sündlich! aber eben:
trinken und lachen kann man blos mündlich!
Hüh! -

    Noch eine Stunde, dann ist Nacht;
    wächst übern Strom ein Brückenjoch,
    hoch, o hoch.
    Ein Reiter kommt, die Brücke kracht;
    saht ihr den schwarzen Reiter noch?
    Dreimal hoch!!!
Singt mir das Lied vom Tode und vom Leben,
dagloni, Scherben, klirrlala!
Klingklang: neues Glas! trinkt! wir schweben
über dem Leben, an dem wir kleben!
Hoch! -


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