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Die drei Erben - Märchen von R.O. Waldburg: Beiträge aus der Bukowina


Die drei Erben

Vor vielen jahren lebte ein mann, der war sehr reich, aber auch so verschwenderisch, daß er in kurzer zeit nicht nur sein ganzes vermögen verlor, sondern auch auf seine drei söhne große schulden vererbte. kaum hatte der alte ausgelebt, so fanden sich in seinem hause fleißig und zahlreich die gläubiger ein, welche das bischen habe verschleppten, die sich etwa im hause noch vorfand. die drei söhne unterließen nicht, eine gesetzmäßige theilung des restes vorzunehmen, und so erhielt der älteste eine laute, der mittlere einen mühlstein und der jüngste ein wenig flachs. der älteste nahm seine laute und ging in die weite welt hinaus, um sich sein brod zu verdienen. lange zeit ging er dorfaus, dorfein, ohne einen dienst finden zu können. als er auf seiner müßigen aber auch mühevollen wanderschaft einmal durch einen großen, großen wald ging, sties er tief im walde auf ein wirthshaus, worin jedoch niemand wohnte. es freute ihn nicht wenig, denn er war wegen eines nachtlagers in besorgniß. ›hier, dachte er, werde ich ungestört ruhen können.‹ er ging hinein, legte sich in ein bett, so gut er es fand, und entschlief bald, denn er war sehr müde. ungestört schlief er nicht lange, denn in der nacht kamen zwei thiere in seine schlafkammer, ein wolf und ein hase. anfangs erschrak er, faßte aber bald muth, langte nach der laute und entlockte ihr einige töne. der wolf staunte über die musik und begann zu heulen; der hase aber kauerte sich voll ehrfurcht in einen winkel der stube. nachdem der wolf sattsam geheult, dachte er an einen ausweg, suchte ihn und kratzte an allen wänden, aber vergeblich. in diesem augenblick war bei dem hause ein reisender kaufmann angelangt. dieser that eben die kammerthür auf, um hineinzugehen, und der wolf und sein gefährte benützten diese gelegenheit und liefen davon. der lautenspieler aber sprang vom lager, ergriff den kaufmann beim kragen und rief: ›wer hat dich geheißen, die thiere fortgehen zu lassen? du fängst sie jetzt ein oder büßest es mit dem leben. die thiere gehören dem könige, für den ich sie abrichte.‹ der kaufmann war gar nicht in zweifel, daß sein gegner es ernsthaft mit der sache meine. er bat, flehte, ihn ungeschoren zu lassen; es wollte aber nichts fruchten und erst durch eine große summe geldes schaffte er sich den thierlehrer vom halse. der älteste der drei brüder, die nichts geerbt, war nun reich geworden und machte sich auf, nach dem elternhause heimzukehren.

Auf dem rückwege begegnete er seinem mittlern bruder, der sich mit dem mühlstein herumtrug. sie begrüßten sich gegenseitig und der lautenerbe erzählte ihm, wie er reich geworden. der mittlere schien eile zu haben. er lud den mühlstein aus den rücken und ging fort. der zufall wollte es, daß auch dieser erbe den großen wald passirte. es wurde nacht, ohne daß er ein obdach erreicht hätte, und so fand er es für gut, mit dem mühlsteine auf einem kernfesten baume die nacht zuzubringen. als er so aus dem baume saß und wache hielt, kam eine räuberbande und lagerte sich gerade unter dem baume, um die beute zu vertheilen. einer von den räubern war mit der theilung nicht zufrieden. da rief der hauptmann: ›so wahr ein Gott‹ – und blickte zum himmel, um so den schwur zu vollenden. als das der erbe sah fing er an so zu zittern, daß der mühlstein fiel und den häuptling tödtete. die raubgesellen erschraken und ergriffen sammt und sonders die flucht; er aber stieg vom baume und steckte gold und silber, welches die entflohenen zurückgelassen hatten, in seine reisetasche, lies den mühlstein gern zurück und trat den rückweg an. zufällig begegnete er seinem jüngsten bruder, der sich bisher ohne erfolg herumgetrieben. diesem erzählte er, wie er sein glück unverhofft gemacht, wünschte ihm gedeihen in allen seinen unternehmungen und ging fort.

Der jüngste bruder, der das bischen flachses von seinem vater ererbt, ging so lange herum, bis er in einer entlegenen gegend zu einem sumpfe kam, an dessen ufer er im schatten eines baumes ausruhete. nachdem er genug der ruhe gepflegt, holte er seinen flachs hervor mit dem gedanken, daraus stricke zu machen und diese zu verkaufen. Eben war er mit seiner arbeit beschäftigt, als ein teufel aus dem sumpfe zu ihm nahe trat und ihn fragte, was er hier thue? ›ich habe den auftrag, antwortete dieser, alle teufel aufzuknüpfen, die in diesem sumpfe hausen.‹ der böse erschrak nicht wenig und ging gleich zum obersten, um zu berichten, welche gefahr sie bedrohe. nachdem der herr der schwarzen schaar eine weile nachgedacht, befahl er einem aus seinen dienern auf die oberwelt zu gehen und mit dem fremdling um die wette zu pfeifen. der teufel that, wie ihm befohlen wurde. er pfiff und von dem baume fielen die blätter. der jüngste verlor den muth nicht und sagte dem teufel: ›jetzt mußt du dir die augen verbinden, damit sie nicht herausspringen, wenn ich pfeife.‹ der böse that es und der bauerjunge schlug ihn mit seinem wanderstabe so gewaltig über die augen, daß er ohne weiteres in den sumpf entfloh. als der oberste vernommen, wie es ihm ergangen war, nahm er zu einem andern mittel seine zuflucht und schickte einen leichtbeinigen teufel zu dem vorgeblichen henker, daß er mit diesem um die wette laufe. als der böse ihm den antrag gemacht hatte, lachte er und sagte: ›du wirst nicht einmal meinen kleinen bruder überflügeln können, der dort im gebüsche schläft.‹ dabei wies er auf einen hasen und weckte denselben mit einem steinwurfe, so daß er erschrocken über alle berge entfloh. der wettläufer aus dem sumpfe kehrte unverrichteter sache zu seinem gebieter zurück. dieser beorderte jetzt einen starkausgewachsenen aus seiner schaar, daß er mit dem bauerjungen um die wette ringen sollte. er kam auf die oberwelt und forderte den jungen zum ringen. lächelnd sagte dieser: ›armer höhlentropf! du dauerst mich, denn du mußt sterben. gehe aber in den wald, dort wirst du meinen großvater unter einem baume liegen finden. gelingt es dir ihn zu besiegen, will ich aus reiner menschlichkeit den sieg auch auf mich ausdehnen. der leufel traute dem ehrlichen gesichte und ging aus lebenslust in den wald. hier fand er unter einem baume einen bären liegen. diesen reizte er zum kampfe. der bär stand auf, packte den teufel und schmiß ihn an einen baumstamm, daß ihm hören und sehen verging. es kostete ihn nicht wenig mühe, bis er sich an die möglichkeit zu verschwinden erinnerte, und entfloh. der sumpfgebieter erschrak, als er die traurige nachricht vernahm. jetzt war er genöthigt, dem wandersmann einen sack goldes auf die oberwelt zu schicken. das brachte ihn aber noch nicht ab von dem vorhaben alle teufel aufzuknüpfen, sondern die teufel mußten ihm den sack bis in sein elternhaus nachschleppen. so wurden alle drei bruder reich und lebten glücklich bis an ihr ende.


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