Die finnische Sprache ist ein wahrer Exot unter den europäischen Sprachen. Die meisten auf unserem Kontinent gesprochenen Sprachen gehören zur indogermanischen Sprachgruppe, zur der die Sprachen von weltweit etwa drei Milliarden Muttersprachlern zählen. Finnisch hingegen gehört ebenso wie Ungarisch und Estnisch zur finno-ugrischen Sprachgruppe, die einige Besonderheiten aufweist: So gibt es in den meisten Sprachen dieser Gruppe kein Geschlecht, keine direktes Wort der Verneinung (stattdessen gibt es ein Verb, das entsprechend konjugiert eine Negation ausdrückt) und auch kein Verb für "haben". Besitz wird im Finnischen durch eine Wortkonstruktion ausgedrückt, die sich grob mit "bei mir ist" übersetzen ließe. Dafür verfügen die finno-ugrischen Sprachen meist über auffallend viele Fälle. Während das Deutsche nur vier Fälle kennt, besitzt beispielsweise die finnische Sprache fünfzehn Fälle - eine Herausforderung für jeden Sprachschüler möchte man meinen. Tatsächlich aber werden die Fälle überwiegend gebraucht, um Örtlichkeitsverhältnisse anzugeben, die im Deutschen mittels Präpositionen ausgedrückt werden.
Nur etwa fünf Millionen Menschen sind Muttersprachler des Finnischen. Die meisten von ihnen leben in Finnland, etwa 300.000 sind in Schweden ansässig, wo Finnisch den Status einer offiziellen Minderheitensprache genießt. Kleinere Sprechergruppen gibt es in Norwegen, Russland und Estland, Kanada und sogar in Brasilien. Man geht davon aus, dass insgesamt etwa sechs Millionen Menschen Finnisch als Erst- oder Zweitsprache beherrschen.
Die Entwicklung einer finnischen Schriftsprache begann relativ spät erst Mitte des 16. Jahrhunderts und war in erster Linie der Reformation zu verdanken: Das älteste bekannte Werk in finnischer Sprache war eine 1542 erschienene Fibel für Geistliche. Die Übersetzung des neuen Testaments erschien fünf Jahre später. Dennoch blieb Finnisch zunächst die Sprache der Bauern und der einfachen Bevölkerung. Finnland gehörte damals noch zu Schweden und Schwedisch war die Sprache der Gelehrten, der Adligen und der Kultur. Als Finnland dann zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter die Herrschaft des russischen Zaren fiel, begannen die Finnen erstmals, eine Art Nationalbewusstsein zu entwickeln. Der Weg des Finnischen zur Kultursprache war allerdings kein leichter: Die Grammatik war nie wirklich erfasst oder schriftlich niedergelegt worden und der einstigen "Bauernsprache" fehlten sämtliche Begriffe, um Verwaltungsabläufe oder kulturelle Begriffe auszudrücken. Anders als andere Völker füllten die Finnen diese Lücken im Vokabular nicht etwa mit Lehnwörtern aus anderen Sprachen, sondern fanden ihre eigenen Wörter, die sie aus dem bereits bestehenden finnischen Wortschatz ableiteten. So heißt der Computer in Finnland beispielsweise "tietokone", was so viel wie Wissensmaschine heißt. Natürlich lässt sich nicht hundertprozentig verhindern, dass Wörter aus anderen Sprachen Eingang in die finnische Sprache finden. Gerade in Zeiten des Internets werden viele Wörter aus dem Englischen in die Umgangssprache übernommen.
Auch wenn Finnisch mit seiner unbekannten Struktur und Aussprache als schwer zu lernen gilt, gibt es doch genug Menschen, die sich dem Studium dieser außergewöhnlichen Sprache widmen. Nicht zuletzt die international bekannten Metal-Bands wie Lordi oder Nightwish werden oft als Anreiz genannt, Finnisch verstehen zu wollen. Finnische Wörter wirken auf den ersten Blick oft abschreckend lang. Dies liegt daran, dass Finnisch eine agglutinierende Sprache ist, das heißt, ein oder mehrere Suffixe werden an das Hauptwort angehängt, das dann soviel Informationen beinhalten kann wie beispielsweise ein ganzer Satz im Deutschen. Dieses "Aneinanderhängen" von Suffixen lässt sich in etwa mit den deutschen Komposita vergleichen, die in vielen anderen Sprachen durch den Gebrauch von Präpositionen ausgedrückt werden. Auch wenn Finnisch nur verhältnismäßig wenig Sprecher hat und auch in der Welt der Politik und Finanzen anders als etwa Englisch keine nennenswerte Rolle spielt, so gibt es nicht zuletzt dank der Andersartigkeit der Sprache, der Schönheit des Landes und der faszinierenden Kultur der Finnen mehr als genug Gründe, sich trotzdem genauer mit dem Finnischen zu befassen.