Horst Seehofer, der amtierende Ministerpräsident des Freistaats Bayerns, fällt nicht nur durch seine körperlichen Größe auf. Der langjährige CSU-Politiker hat auch eine ganz eigene Körpersprache und Ausdrucksweise, die sehr kontextabhängig ist.
Dabei schwankt allein seine wahrgenommene Körpergröße beträchtlich: Während er an guten Tag - beispielsweise beim Politischen Aschermittwoch - ausladend und laut poltert, gibt es Anlässe, in denen er sich beinahe zu ducken scheint. Er zieht die Schultern herunter, macht sich klein. Man mag darin Demut erkennen können - oder aber auch Unsicherheit. Insgesamt baut Seehofer sich erst während eines Gesprächs richtig auf.
Horst Seehofer bemüht eine einfache Sprache voller Bilder und Verallgemeinerungen, die sich auch oftmals in schwer zu greifenden Metaphern ausdrückt. Dabei ist er stets weit davon entfernt, zu kompliziert zu werden. Horst Seehofer vermittelt, dass er einfache Lösungen zu Problemen hätte. In Kombination mit seinen politischen Positionen bringt ihm dies oftmals den Ruf eines Populisten ein.
Die Bayern, Berlin und der Rest der Welt
Auffällig bei Seehofer ist sein rhetorisches Beharren auf die Einheit und die Selbstständigkeit des von ihm regierten Freistaates. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass die CSU seit jeher in dem Bundesland verantwortlich ist. Allerdings beherrscht Seehofer die Beschwörung einer lokalen Einheit stärker als alle anderen großen Parteien. So ist etwa der sogenannte "Bayern-Plan" ein Dauerthema in der CSU.
Beispiel 1: "Mia san mia, und uns kann keiner was sagen!"
Beispiel 2: "Bei unserem Aschermittwoch hat noch nie ein Missionar aus einem Bindestrich-Bundesland gesprochen!"
In Bayern funktioniert dieses Credo noch gut. Seehofer verweist darüber hinaus auch gern darauf, dass die in Berlin sich um Deutschland kümmern müsste, während die CSU Bayern im Blick haben müsse. Dabei negiert er häufig die Kompetenz der Bundesregierung und stellt die Befugnisse der einzelnen Länder in den Vordergrund.
Beispiel 3: "In Bayern, wie gesagt, bin ich gegen Gentechnik. In Brandenburg aber, wo es Bürgerinitiativen für diese Technologie gibt, muss man die Frage anders beantworten. Die haben dort Riesenflächen, sie können problemlos im Kern Genpflanzen anbauen und drum herum konventionell."
Seehofer spricht das Recht der Selbstverwaltung zudem auch anderen Bundesländern zu. Damit trägt er zur Identitätsbildung vermeintlich bei.
Seehofers Weisheiten
Der CSU-Chef beherrscht das Formulieren in Generalismen besser als viele andere. Dadurch wirkt seine Sprache verständlich, zuweilen präzise und recht arm an Möglichkeiten des Widerspruchs. Dabei greift er auf Metaphern, Entlehnungen aus der Bibel und vieles mehr zurück - solange sich eine kontextbezogene Schlussfolgerung ziehen lässt. Manchmal scheinen seine Sätze allerdings auch wenig durchdacht aus ihm herauszulaufen.
Beispiel 4: "Ein bisschen mehr Schweiz würde uns in Deutschland nicht schaden."
Beispiel 5: In der Bibel steht geschrieben: "Die Feinde soll man so lieben wie die Freunde." Vermutlich weil es sich um den gleichen Personenkreis handelt.
Seehofer mag die großen Bilder. Darüber hinaus spricht er auch gern in Interviews über seine Sicht auf die Politik, die politischen Apparate und zieht auch leidenschaftlich gern verbal über ehemalige und aktuelle Weggefährten her. So gab es in der Vergangenheit zu Markus Söder etwa nur eines zu kommentieren: "Zu viele Schmutzeleien."
Beispiel 6: "Der beste Schutz gegen Radikalismus ist die Lösung von Problemen."
Auffällig ist auch hier das Einfache und Knackige am Gesagten. Dabei spielen Sachverhalte keine Rolle, denn die Lösung eines Problems ist für Horst Seehofer häufig klar und wird entsprechend vehement gefordert (Stichwort Obergrenze), wenngleich die Wege dahin noch nicht ansatzweise geebnet sind.
Das Seehofersche Lachen - eine Schnappatmung
Häufig wird sein stoßweise abgesondertes Lachgeräusch als ein Lachen interpretiert. Dabei stößt Seehofer am Ende eines Satzes (meist eines Statements vor Fernsehkameras) stoßweise Luft durch die Zähne. Heraus kommt ein Geräusch, das an ein schadenfrohes und unterdrücktes Kichern erinnern mag oder einfach nur eine sehr eigenwillige Lache darstellt.
Tatsächlich aber sind diese vermeintliche Lachgeräusche wohl auf Anspannungen seiner Brustmuskulatur zurückzuführen. Sie lösen sich in der Regel in der ersten Hälfte eines Interviews, insofern dieses lang genug anhält. Dann baut sich auch seine Körperhaltung wieder auf. Dies gelingt ihm fast immer, insofern er nicht in bestimmten Situationen neben Angela Merkel steht.
Allerdings lächelt Seehofer dafür umso lieber. Dies tut er bei fast jeder Gelegenheit, wobei es häufig egal ist, ob er gerade einen Erfolg zu verbuchen hatte.
Fazit
Seehofer verwendet eine einfache und greifbare Sprache, die sich vor allem auf Bayern und die Menschen in Bayern bezieht. Damit bezweckt er die lokale Einheit, die durch den Blick auf Bayern seitens des restlichen Deutschlands und die Traditionen geprägt ist.
Zugleich kann man Seehofer auch einen gewissen Populismus vorwerfen. Schließlich dient das konzeptlose Präsentieren vermeintlicher Lösungen in allererster Linie dazu, Aufmerksamkeit zu generieren. Glücklicherweise mag das Scheitern einiger Vorstöße dann vor allem auf die anderen (in Berlin beispielsweise) zurückzuführen sein.
Seehofer macht insgesamt zu wenig Gebrauch von seiner Körpergröße. Er wirkt zuweilen stark angespannt und beherrscht weder Mimik noch Gestik in einem nennenswerten Rahmen. Dies ist nur vorhanden, wenn er sich wohl fühlt.