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Ein Feldherr

- Gedicht von Anton Wildgans

Ein Feldherr

(Für Conrad von Hoetzendorf im Jahre 1912)

Viele hat Gott zu Dichtern gemacht
Und gibt ihnen kein Lied.
Da wandern sie durch die klingende Nacht
Und schauen die Ströme mit silberner Fracht
Und atmen der Gärten verdunkelte Pracht,
Und Ströme und Gärten und klingende Nacht
Wird ihnen brustzersprengendes Leid -!
Und dies freut Gottes Neid.

Viele hat Gott zu Baumeistern gemacht
Und gibt ihnen keinen Stein.
Da wandern sie durch die hämmernde Nacht
Und tragen dunkelnder Dome Pracht,
Gerüste und Dome und hämmernde Nacht
Im Herzen unter dem Bettlerkleid -!
Und dies freut Gottes Neid.

Und jenen hat Gott zum Feldherrn gemacht
Und gibt ihm keinen Krieg.
Da wandert er durch die donnernde Nacht
Und trägt in seiner Stirne die Schlacht
Und hört schon die Seinen aufrauschen: Sieg!
Da rasen Schwadronen
Aus seinem Traum,

Und die Kanonen
Mähen den Raum,
Bis von blutigen Garben
Dunkelt das Feld -!
Und er ist der Sieger, der Retter, der Held!

Doch wenn er erwacht
Aus Gebrüll und Gehämmer
Geträumter Schlacht,
Steht Gott auf der Wacht
Und weidet die Lämmer
Und weidet sie gut -
Noch ist nicht Zeit
Für ihr springendes Blut.

Nur manchmal zieht Gottes Wille
Jenen aus seiner Nächte
Brustzersprengender Stille
Hervor wie ein Schwert
Und hält
Ihn gegen den Himmel -!
Dann riecht`s nach Gewittern
In der Welt,
Und die Völker zittern.


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